Fast drei Viertel aller Kinder und Jugendlichen von heute tragen im Laufe ihres Erwachsenwerdens eine Zahnspange, um Fehlstellungen des Kiefers und der Zähne zu korrigieren. Solche Korrekturen gehören mittlerweile zum Alltag, sind nichts Besonderes mehr. Doch was, wenn in der Kindheit die Probleme nicht erkannt oder nicht behoben wurden? Ist alles zu spät? - Nein. Mit modernen Methoden lassen sich auch Zahnfehlstellungen im Erwachsenenalter, also bei ausgewachsenem Gebiss, noch beheben.
Für eine kieferorthopädische Behandlung ist es nie zu spät. Schiefe Zähne sorgen für ein schlechtes Bild, beeinflussen die äußere Wahrnehmung des Gesichts durch andere sehr negativ. Eine Korrektur bringt oft einen Schub für Akzeptanz und Selbstbewusstsein, verbessert die Lebensqualität insgesamt. Doch nicht nur kosmetische Gründe sprechen für eine Zahnkorrektur. Studien zeigen, dass ein fehlgestelltes Gebiss die Wahrscheinlichkeit anderer Zahnerkrankungen erhöht. So sorgen fehlgestellte Zähne beispielsweise für unerreichbare Zwischenräume, in denen sich Zahnbelag ansammeln und zu Karies führen kann. Führen die Fehlstellungen zu einer Kieferverspannung, können sich die Beschwerden im Gesicht ausbreiten. Kopf- und Nackenschmerzen sind die Folge, in schlimmen Fällen sogar Tinitus.
Wer seine Fehlstellungen korrigieren lassen möchte, sollte in jedem Fall ein kariesfreies Gebiss und gesundes Zahnfleisch mitbringen. Ansonsten wird vor der kieferorthopädischen eine zahnmedizinische Behandlung fällig. Bei besonders schweren Fehlstellungen ist möglicherweise auch ein kieferchirurgischer Eingriff im Vorfeld der eigentlichen Korrektur notwendig.
Was die Korrektur von Fehlstellungen im Erwachsenenalter zu einer solchen bei Kindern und Jugendlichen unterscheidet ist, dass die Wachstumsphase bereits vorüber ist. Diese nutzt man im Kindesalter, um die Veränderungen quasi nebenbei zu verwirklichen. Bei Erwachsenen muss das bereits ausgewachsene Gebiss mit mehr Nachdruck an die richtige Position herangeführt werden. Hierfür stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Die häufigste Art der Korrektur ist die Multibandtechnik, die so genannte „feste Zahnspange", bei der Brackets auf jeden einzelnen Zahn aufgeklebt und mit einem gespannten Draht verbunden werden. Die Drähte werden regelmäßig nachgezogen, um das gewünschte Endergebnis der Korrektur nach und nach zu erreichen.
Die Brackets haben den Vorteil, dass sie auf jeden Zahn im Einzelnen einwirken und so ein präzises Ergebnis möglich ist. Klarer Nachteil der Methode ist die optische Beeinträchtigung, da die Brackets auf den Zähnen nach außen sehr gut sichtbar sind. Um diesem Problem entgegen zu treten hat die Zahnmedizin ein weiteres Verfahren, die Invisalign-Therapie, entwickelt. Dabei kommen transparente Schienen zum Einsatz, die etwa alle 14 Tage gewechselt werden. Jede Schiene liegt in ihrer Form ein wenig näher an dem gewünschten Endergebnis der Korrektur. Die Methode kommt fast ohne optische Beeinträchtigungen aus, kann aber in der Gewöhnungsphase zu Problemen bei der Aussprache kommen. Im Gegensatz zur Bracket-Methode lassen sich die unsichtbaren Schienen nicht im Nachhinein ändern. Der genaue Ablauf der Behandlung muss also im Vorfeld präzise geplant werden. Zudem liegen für diese neuere Methode derzeit noch nicht so viele Wirkungsstudien vor.
Nach erfolgreicher Korrektur sorgt die Nachbehandlung dafür, dass sich die veränderte Kieferstellung nicht wieder zurückbildet, sondern vom Körper als Normalzustand akzeptiert wird. Dazu kommen je nach Einzelfall Silikonteile, Schienen oder Drähte auf der Zahninnenseite zum Einsatz. Oft ist diese Nachbehandlungsphase nach wenigen Monaten vorüber. In einigen Fällen kommt es aber vor, dass die Beibehaltung der neuen, korrigierten Zahnstellung länger, teilweise ein Leben lang, durch einen Orthopäden begleitet und sichergestellt werden muss.
Wer sich im Erwachsenenalter zu einer Kieferkorrektur entscheidet, muss die Kosten dafür selbst tragen. Die Krankenkassen zahlen in aller Regel nicht. Beide hier beschriebenen Methoden sind etwa gleich teuer, pro Kiefer schlägt die Korrektur mit rund 3.000 Euro zu Buche.
Letzte Aktualisierung am 27.10.2010.