Vermittelt das strahlende Lächeln von Goldmedaillengewinnern vor der Kamera einen irreführenden Eindruck?
Bei den olympischen Spielen 2012 in London wunderten sich Zahnärzte über erschreckende Zahnbefunde bei den teilnehmenden Athleten. Eine Studie, publiziert im Britischen Journal für Sportmedizin, brachte es ans Tageslicht: Diejenigen Teilnehmer der Spiele, die eine Zahnklinik aufsuchten und das kostenlose Behandlungsangebot in Anspruch nahmen, litten stark unter Karies, Zahnverfall und Parodontitis. Um die Zahngesundheit insgesamt sei es bei Athleten weitaus schlechter bestellt als bei anderen Personen der gleichen Altersgruppe, so das Resümee des Leiters der Studie, Professor Ian Needleman. Auch andere Erhebungen bestätigten dieses Ergebnis.
Ein Grund für die schlechten Zähne von Weltklassesportlern ist womöglich die Ernährung: Der konzentrierte Verzehr von Kohlehydraten und der Konsum stark zuckerhaltiger Energiedrinks tragen bekanntlich zur Entwicklung von Karies bei. Als weitere Ursache führt Professor Needleman den Stress an, der aufgrund des intensiven Trainings entsteht, und der sich belastend auf das Immunsystem auswirkt. Und wer „ganz oben“ mitmachen will, vernachlässigt womöglich während des intensiven Trainings die Zahngesundheit und Zahnpflege.
Wer während der Spiele 2012 in London die Zahnklinik besuchte, hatte seine Zahnprobleme mit Sicherheit bereits mitgebracht. 302 der Teilnehmer wurden in der Klinik zahnmedizinisch untersucht. Über die Hälfte der Sportler litt an Karies, 45 Prozent sogar an massivem Zahnverfall und beinahe 80 Prozent an Zahnfleischerkrankungen. Viele von ihnen gaben an, dass ihre Lebensqualität ebenso wie ihre sportlichen Leistungen durch die Zahnprobleme teilweise stark beeinträchtigt würden.
Mangelnde Mund-Gesundheit steht im Verdacht, beispielsweise Herzkrankheiten Vorschub zu leisten. Auch viele Entzündungsreaktionen im Körper könnten hier ihre Ursache haben. Entsprechend länger ist bei solchen Patienten die Zeit, die Verletzungen benötigen, um zu heilen.
Wer an Zahnschmerzen leidet, isst insgesamt weniger, anders und schläft oft schlechter. Ohne Frage haben all diese Faktoren negative Auswirkungen auf jede Art von Leistung und Belastbarkeit im Alltag.
Professor Needleman, der auch der Direktor des Internationalen Zentrums für Evidenzbasierte Mundgesundheit ist, teilte dem BBC im Anschluss an die Studie mit: „Wir wissen, dass im Spitzensport oft winzige Unterschiede zählen. Wir sind sicher, dass die Zahngesundheit weitreichende Auswirkungen hat. Viele Sportmediziner erzählen Anekdoten über nur knapp verpasste Siege aufgrund von Zahnproblemen.“
aktualisiert am 06.11.2013