Erste eindeutige Hinweise, dass etwas am Kiefergelenk nicht in Ordnung ist, zeigen sich oftmals nach dem Aufwachen und einem herzhaften Gähnen. Leicht unangenehm, aber ohne Schmerzen, ignoriert der Betroffene die Knack- und Knirschgeräusche am Kiefer. Laut der Berliner Zahnärztin und Spezialistin für Kiefergelenkprobleme Dr. Andrea Diehl " ein großer Fehler".
Craniomandibulären Dysfunktionen, kurz CMD, wie die Kiefergelenksprobleme medizinisch heißen, sind eine Funktionsstörung des menschlichen Kauapparats, verursacht durch eine Fehlstellung zwischen dem Unterkiefer und dem Schädel. In Dr. Diehls Praxis sind im Schnitt bis zu fünf Patienten von CDM betroffen, und Zugehörige eines weltweit auftretendem Phänomens. Im Alltag spüren nicht alle die Kieferfehlstellung und die damit einhergehende Bewegungseinschränkung, wobei einer Behandlung dringend notwendig ist.
Langfristig wird eine Körperhälfte durch die Kieferverschiebung stärker belastet, was wiederum den ganzen Körper in eine wahre Schieflage bringen kann. Da jeder Körperteil mit Sehnen und Muskeln verbunden ist, ziehen sich die Bewegungen gegenläufig oder von oben nach unten, ähnlich einer Kettenreaktion, durch den Körper. Die Folge solch einer ungleichen Bewegung kann sein, dass eine einseitige Belastung der Muskelgruppen bei dauerhaften Fehlstellungen unregelmäßig verkürzen. Diese Fehlhaltung verursacht auf Dauer Schmerzen, welche zumeist die Schwachstellen der Patienten betreffen. Somit sind die Symptome häufiger Schulter-, Kopf-, Rücken- oder auch Hüftschmerzen, und weniger am Kiefergelenk. Weitere mögliche Symptome sind Schwindelgefühle, Tinnitus (Ohrgeräusche) oder auch Schluckbeschwerden. Bevor die Betroffenen von einem Kieferorthopäden oder Zahnarzt die richtige Diagnose erfahren, haben sie meistens aufgrund ihres unklaren Krankheitsbildes eine wahre Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich. Da ein Patient in der Regel mit seinen Knieschmerzen zu einem Facharzt geht, wird dieser in erster Linie die Beschwerden im Knie suchen und nicht auf eine durch CDM verursachte Symptomatik kommen. Eine fachärztliche Zusammenarbeit für die korrekte Diagnose und auch die passende Behandlung ist bei der Heilung von großer Wichtigkeit.
Doch nicht nur ein verkürzter Halsmuskel oder Hüftschmerzen können die Folgen des nächtlichen Zähneknirschen und Kieferknackens sein, sondern auch eine übermäßige Abnutzung der Zähne. Durch das regelrechte Abschmirgeln können nicht nur weitere Schmerzen entstehen, auch eine kostenintensive und aufwendige Behandlung zum Wiederaufbau des betroffenen Zahnes, oder gar mehrerer Zähne, wird dann notwendig.
Als Ursache werden oft eine psychische Überlastung, sprich Stress, für die Kieferfehlstellung genannt. Nicht nur Erwachsene sind davon betroffen, sondern auch bereits Kinder. Schul- und Freizeitstress, sowie im Babyalter verwendete Schnuller, können hier die Auslöser sein, und wie bei den großen Patienten "beißen sie die Zähne fest aufeinander".
Neben verschiedenen Entspannungstechniken, gehören auch eingehende Untersuchungen, sowie ein abgestimmter Therapieplan zwischen dem Zahnarzt oder Kieferorthopäden und, je nach weiterer Symptomatik, auch die entsprechenden Fachärzte zur Behandlung dazu. Eine nächtliche Beißschiene kann hier eine große Hilfe sein, damit das Kiefergelenk nicht zu sehr belastet wird, und ebenfalls die Zähne nicht zu stark abgeschliffen werden.