Schmerzempfindliche Zähne - Forscher des Max-Planck-Instituts haben herausgefunden, wie das Wachstum von Knochen und Zähnen erfolgt. Auf Grundlage der Ergebnisse wurde eine spezielle Zahnpasta entwickelt, die die Zähne bereits beim Putzen versiegelt. Die freiliegenden Zahnhälse und schmerzende Zahnkanäle werden determiniert. Als Auslöser für temperaturempfindliche Zähne werden nach Aussage von Rüdiger Kniep (Dresdner Max-Planck-Institut) freiliegende Zahnhälse verantwortlich gemacht. Die kleinen Kanäle in den Zahnhälsen entstehen nach Rückgang des Zahnfleisches und des Zahnzementes. Als Folge dessen liegen die sogenannten Tubili direkt frei. Ihre Aufgabe ist es Hitze, Kälte, süßes und saures direkt an den Zahnnerv zu melden.
Der Leiter des Forschungsbereiches Anorganische Chemie in Dresden, Rüdiger Kniep, hat sich die Erforschung des Themas Biomineralisierung zur Aufgabe gemacht. Die Arbeitsgruppe um Kniep hat herausgefunden, wie Lebewesen es schaffen, harte anorganische Stoffe wie Knochen, Muschelschalen und Schneckenhäuser herzustellen.
Aufbauend auf diese Erkenntnisse gelang es Kniep und seinen Mitarbeitern eine Zahnpasta zu produzieren, die beim Putzen die freiliegenden Zahnhälse versiegelt. Mittels kleiner Kristalle, die in der Zahncreme enthalten sind, werden die Zahnhälse verschlossen. Organische Eiweißmoleküle, die als magnetischer Dipol bezeichnet werden können, ordnen sich Verbindungen des anorganischen Minerals Apatit in geordneter Weise um sich. Nach Aussage von Kniep begannen die Forschungen als ihm winzige Kalksteinchen aus dem menschlichen Innenohr gegeben wurden. Diese stark verformten Kalksteinchen, die nur einen Bruchstück eines Millimeters messen, sind jedoch fundamentaler Teil des Gleichgewichtsorganes und können bereits bei geringer Veränderung große Probleme auslösen. Die Zusammensetzung der Gehörsteine brachte Kniep auf eine interessante Spur. Da die Kalksteinchen aus Kalziumkarbonat und Proteinen bestehen, stellte sich der Chemiker die Frage, wie die Proteine der Zähne in einer Kalzium - Phosphationen - Lösung reagieren.
Für die Entwicklung der neuen Zahnpaste brauchten die Forscher nur in den nächsten Drogeriemarkt gehen. Das Eiweißprotein Kollagen ersetzten sie durch Gelatine. In Kombination mit Wasser und Apatit gelang es den Chemikern kleine, stabförmige Gebilde herzustellen. Mit Zunahme der Reaktionszeit entwickelten sich die Stäbchen im Nanometerbereich zu einem hantelförmlichen Stab, bei dem schließendliche die Hantelenden zu einer Kugel verschmolzen. Die Kugel bestand aus Apatit und hatte einen Kollagenkern. Bei diesem Selbstorganisationsprozess im Nanobereich agieren für die anorganischen Komponenten die organischen Moleküle als Kristallisationskeim . Die gezüchteten Kristalle haben das gleiche Mischungsverhältnis aus Kalziumkarbonat und Gelatine wie der Zahnschmelz. Neues und naturidentisches Zahnmaterial kann mit Hilfe der entwickelten Apatit - Gelantine - Mischung schneller hergestellt werden.
Im weiteren Entwicklungsprozess stellten die Forscher fest, dass die Proteine ein eigenes elektrisches Feld aufbauen und sich daher zu einem elektrischen Dipol ausdehnen. Die Dipole haben einen Plus- und Minuspol und richten sich daher entsprechend der Ladungsverteilung aufeinander aus. Das daraus entstehende Muster ist geordnet. Das selbstorganische Wachstum der Biomineralien kann durch den Dipolcharakter der Proteine erklärt werden.
Mit Hilfe der Erkenntnisse aus dem Entwicklungsprozess sind die Mediziner in der Lage Zähne und Knochen aufzubauen. In Zusammenarbeit mit einer Chemiefabrik in Düsseldorf konnte nach einer fünfjährigen Experimentierphase im Labor die Zahncreme entwickelt werden.
Die Ergebnisse haben jedoch nicht nur für die Zahnmedizin große Bedeutung, sondern auch für weitere Anwendungsbereiche wie die Chirurgie. Es kann jetzt erklärt werden, warum die Heilung eines Knochenbruchs mit einem elektrischen Feld unterstützt werden kann. Die Dipole werden parallel ausgerichtet und können sich somit besser aneinanderlegen. Auch bei körperlicher Belastung entwickeln die Knochen ein elektrisches Feld und dies führt wiederum zum Aufbau von Knochen. Der sogenannte Piezoeffekt führt dazu, dass bei Be- bzw. Entlastung das elektrische Feld zu- bzw. abnimmt. Da mit Hilfe der entwickelten Substanz Knochengewebe hergestellt werden kann, ist es möglich dieses anstelle herkömmlicher Knochenersatzmassen zu nehmen, die sonst nach einiger wieder in einer Operation entfernt werden müssen.