Angst lässt sich in Furcht und Phobie unterteilen. Eine Phobie ist eine völlig übersteigerte, übertriebene und unangemessene Angst. Bei einer Phobie zeigen sich dieselben Reaktionen wie bei der Furcht, nur dass der Auslöser meist relativ harmlos ist. Auch im Falle der Zahnarztangst geht keine wirkliche Gefahr vom Auslöser aus. Die Zahnarztangst wird deswegen auch Dentalphobie genannt. Es handelt sich genaugenommen um eine externe Phobie, also eine Phobie, die von äußeren Faktoren beeinflusst wird. Eine Phobie als übersteigerte, stark übertriebene Reaktion lässt sich ohne professionelle Hilfe oft nicht in den Griff bekommen und beeinträchtigt das tägliche Leben sehr.
Empfindet der Mensch Angst, dann laufen im Körper typische Mechanismen ab. Die Angstreaktion stellt sicher, dass der Betroffene kurzfristig eine stärkere Handlungsmotivation und Leistungsbereitschaft entwickelt. Unter anderem werden Hormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Die Aufmerksamkeit wird erhöht und die Reaktionsfähigkeit wird schneller. Bei ausreichend starker Angst kommt es zum Zittern, Schweißausbruch, Herzrasen, Herzklopfen, zu blasser Haut und kalten Schauern durch den Körper. Einige bemerken ein verändertes Bewusstsein, eine Benommenheit oder ein Schwindelgefühl. Der Blutdruck steigt und der Blutfluss in wichtige Organe nimmt zu. Der Betroffene kann hyperventilieren (vermehrt atmen). Stuhl- und Harndrang kommen in solchen Phasen häufig vor.
Manchmal gesellen sich Übelkeit, ein Brechreiz, ein angespanntes Gefühl im Magen oder vermehrtes Gähnen dazu. Die Muskulatur kann sich verkrampfen, ein Zusammenziehen der Brust wird manchmal verspürt und eine Mundtrockenheit oder ein "Kloß im Hals" können eintreten. Auch das Gefühl einer Atemnot kann sich bei Patienten zeigen.
Auf die Psyche wirkt sich die Dentalphobie (Zahnarztangst) durch vermehrte Nervosität, erhöhte Alarmbereitschaft, Konzentrationsstörungen und manchmal durch regelrechte Panikanfälle aus. Patienten mit der Angststörung haben einen erhöhten Bewegungsdrang, sie sind schnell schreckhaft, oft gereizt und teilweise sogar aggressiv. Schlafstörungen sind ebenfalls typisch für die Phasen der Ängstlichkeit, vor der anstehenden Behandlung kann der Patient oft nachts nicht schlafen oder ist von Albträumen geplagt. Den Höhepunkt erreicht die Aufregung und Nervosität meist im Wartezimmer der Praxis, bevor die Behandlung stattfindet.
Die Gedanken des Patienten sind auf die Angstsituation konzentriert. Deshalb versucht ein Patient, der an Zahnarztangst leidet, die Behandlung zu überstehen, wird aber von den Gedanken verfolgt, was alles passieren und gefährlich und unangenehm sein könnte. Vorsorglich nehmen manchen von ihnen Medikamente mit, wie z. B. Beruhigungstabletten. Doch natürlich ist auch während der Behandlung, wenn der Zahnarzt etwas im Mund macht oder etwas dort einführt, die Gefahr für Panikattacken groß.
Der Mund ist ein Körperbereich, an dem Eingriffe besonders unangenehm sind
Wohl vor keiner anderen verbreiteten medizinischen Tätigkeit haben so viele Menschen Angst wie vor einer Zahnbehandlung. Wie kommt dies zustande? Weshalb haben Menschen oft mehr Angst, zum Zahnarzt zu gehen, als sich einer womöglich drastischen Operation an einem anderen Körperbereich zu unterziehen?
Zunächst einmal hängt dies damit zusammen, dass Patienten in einer zahnärztlichen Behandlung in der Regel bei vollem Bewusstsein sind. Alle Vorgänge, Personen und Dinge in der Umgebung werden wahrgenommen. Bei der Zahnarztangst ist aber allein auch schon die Tatsache wichtig, dass alles innerhalb des Mundes geschieht. Der Fachbegriff für die spezifische Angst, beim Zahnarzt den Mund zu präsentieren, lautet Oralphobie.
Mit dem Mund geschehen viele wichtige Vorgänge wie Kauen, Trinken, Schlucken, Atmen, Küssen und Sprechen. Der Mund ist damit für den Menschen ein wichtiges Tor zur Umwelt. Da ist es leicht verständlich, dass Eingriffe am Mund generell als bedrohlich wahrgenommen werden können. Patienten stellen sich vor, durch das Vorgehen des Zahnarztes oder durch die Betäubung beim Atmen, Sprechen und Schlucken behindert zu werden. Dies kann bereits beim Gedanken daran eine Panik erzeugen. Einige Betroffene haben Angst, sich über den Mund an einer Krankheit anzustecken. Die guten Hygienestandards lassen dieses Risiko jedoch äußerst gering werden. Auch eine allergische Reaktion auf das Mittel in der Spritze wird von manchen Patienten befürchtet.
Zähne und der gesamte Mundraum sind besonders sensibel, was Schmerzen und unangenehme Empfindungen angeht. Der Grund dafür ist ein umfangreiches Geflecht aus Nerven, das die Gewebestrukturen des Mundes durchzieht. Es zeichnet sich dafür aus, dass im Mund ein hervorragender Tastsinn besteht und die Zunge auch sehr feine Unebenheiten und Rauheiten verspüren kann. Der nachteilige Effekt, der sich daraus ergibt, ist die hohe Empfindlichkeit und Anfälligkeit für sehr unangenehme Schmerzen. Auch wird jedes Berühren der Schleimhaut mit den Fingern, einem Instrument oder einem Tupfer genau gespürt und kann dazu beitragen, dass die Behandlung als noch unbequemer empfunden wird.
Eine Schmerzausschaltung ist bei einer Behandlung im Mund nicht immer vorhanden oder zuverlässig. Bei einer Operation im Krankenhaus unter Vollnarkose hingegen nimmt der Patient von der Prozedur nichts wahr und wacht erst nach der Operation auf. Wenn danach das gegebene Schmerzmittel gut wirkt, erscheint dem Patienten oft auch eine größere OP vergleichsweise reibungslos im Vergleich zu einer Zahnbehandlung.
Anders als bei anderen Bereichen des Körpers spielt auch der Geschmackssinn noch eine Rolle. Jedes angewendete Medikament wird vom Patienten auch geschmeckt, ohne dass sich dies verhindern lässt.
Eine Rolle spielt auch, dass sich Patienten mit schlechtem Zahnzustand für ihren Mundraum schämen. Sie befürchten, es vom Zahnarzt vorgehalten zu bekommen, dass sie ihre Zähne nicht genügend gepflegt hätten. Sie wollen anderen Menschen und schon gar nicht dem Zahnarzt ihre maroden Zähne zeigen und mit Mundgeruch auffallen. Oralphobie kann sich selbst auch aus einer Dentalphobie entwickeln.
aktualisiert am 12.08.2014