Die Zahnarztangst gehört zu den spezifischen Phobien, was bedeutet, dass es einen ganz bestimmten Auslöser gibt. Das kann der Zahnarzt selbst sein, aber auch andere Gegebenheiten. Viele haben Angst vor Schmerzen, vor der Betäubungsspritze, vor dem Geräusch des Bohrers. Für viele Betroffene ist es auch die Angst vor der Tatsache, dass sie den Mund ruhig halten müssen, keine Kontrolle haben, eventuell einen Würgereiz verspüren könnten. Sie können Angst davor haben, erbrechen zu müssen oder zu ersticken. Manchmal ist es auch der typische Geruch in der Praxis, der die Betroffenen besonders abschreckt. Angst vor der Scham in der Situation in der Zahnarztpraxis ist ein weiteres Problem, vor allem wenn Patienten den Zustand der eigenen Zähne für schlecht halten oder einen Mundgeruch vermuten. Sie haben Angst vor dem Urteil des Arztes und dass er sie für das schlechte Gebiss kritisiert. Manche Betroffenen haben auch Angst vor der Diagnose, dass eine schwere Zahnerkrankung oder unwiederbringliche Schäden festgestellt werden und behoben werden müssen. Des Weiteren können Patienten aus der Befürchtung heraus, dass bei einer Behandlung etwas schiefgehen könnte, Komplikationen oder Schäden eintreten könnten, eine Zahnarztangst entwickeln. Außerdem kann es eine Rolle spielen, dass befürchtet wird, die Kosten könnten zu hoch werden, die selber getragen werden müssen. Gerade Menschen mit wenig finanziellen Mitteln machen sich auch darüber Sorgen.
Dass die Zahnarztangst in der Bevölkerung so häufig auftritt, hängt unter anderem mit den negativen Erfahrungen zusammen, die von vielen Menschen gemacht wurden. Schmerzhafte oder traumatisierende Erlebnisse beim Zahnarzt während der Kindheit und Jugend können für das ganze Leben prägen. Kinder erinnern sich oft an den Schmerz, als die Milchzähne gezogen wurden oder an den Horror, den sie empfanden, als sie gegen ihren Willen auf den Behandlungsstuhl gezwungen wurden. Wird dieses seelische Trauma nicht durch eine positive Erfahrung überdeckt, bleibt eine Phobie bestehen. Später im Leben können schwierig abgelaufene Behandlungen wie z. B. Wurzelbehandlungen zu sehr negativen Gedanken an den Zahnarztbesuch führen, so dass einige dieser Patienten erst daraufhin eine richtige Dentalphobie entwickeln.
Ein Faktor bei der Entstehung ist auch die Nachahmung von Angstverhalten. Bestimmte Verhaltensmuster werden von den Eltern abgeschaut. Negative Erfahrungen und Angst können von Bezugspersonen an Kinder weitergegeben werden. Unbewusst vermitteln Eltern Kindern eine Angst vor dem Zahnarzt. Extrem ängstliche Patienten gegenüber Zahnbehandlungen haben oftmals auch einen Elternteil mit starker Dentalphobie. Wenn Erwachsene bereits vor der Behandlung im Wartezimmer beruhigend auf das Kind einreden, ihm über den Kopf streicheln oder im Voraus das Taschentuch in die Hand drücken, dann erwartet das Kind bereits etwas Schlimmes. Es gibt sogar Fälle, bei denen Eltern ihr Kind nie beim Zahnarzt vorstellen, weil sie selbst große Zahnarztangst haben. Solche Kinder erfahren nie, wie es bei einem Zahnarzt wirklich vorgeht.
So können auch Patienten, die zuvor nie beim Zahnarzt waren, trotzdem eine große Angst vor einem Besuch haben. Dies kann durch eine Schmerzerwartung ausgelöst werden. Betroffene gehen davon aus, dass ihnen starke Schmerzen zugefügt werden und vermeiden es deshalb, zum Zahnarzt zu gehen. Horrorgeschichten von Freunden, Bekannten und Verwandten tragen zu der Furcht bei. In ungünstigen Fällen kann sich ein regelrechter Teufelskreis entwickeln, wenn der Patient sich doch zum Zahnarztbesuch überwindet und dort tatsächlich ein Schmerzerlebnis hat.
Beim Aufenthalt in der Zahnarztpraxis haben der Zahnarzt, das Personal und die Einrichtung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, ob sich der Patient wohl fühlt oder eher abgeschreckt wird. Der Patient befindet sich schließlich in einer ungewohnten Situation, in der er fast keine Kontrolle hat. Er fühlt sich dem Zahnarzt hilflos ausgeliefert und nicht mehr Herr der Lage. Dies hat Gemeinsamkeiten mit anderen Phobien, bei denen der Betroffene vermutet, keine Kontrolle zu haben - z. B. bei einer Flugangst.
Manche Zahnärzte nehmen nur wenig Rücksicht auf diese Situation. Unbedachte Sprüche des Zahnarztes wie "das tut nicht weh" oder "es ist gleich vorbei" bewahrheiten sich oft nicht und nagen am Vertrauen von Seiten des Patienten. Zahnärzte, die sich dem Patienten gegenüber kalt und unpersönlich, desinteressiert, unfreundlich und überheblich verhalten, laufen Gefahr, beim Patienten ein ungutes Gefühl bis hin zur Angst zu erzeugen. Der Zahnarzt kann umgekehrt den Ängsten entgegenwirken, indem er sich empathisch, verständnisvoll und fürsorglich verhält.
Bisweilen spielt die Gestik und Mimik des Zahnarztes eine Rolle. Die kleinste Unsicherheit oder der geringste Stress, den der Zahnarzt empfindet, wird von ängstlichen Patienten wahrgenommen und oft überbewertet. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass der Zahnarzt dem Patienten zwangsläufig körperlich sehr nahe kommen muss. Viele Menschen empfinden es als extrem unangenehm, einer fremden Person Zugang zum "Intimbereich" Mundraum gewähren zu müssen.
Eine weitere Rolle spielt die individuelle Psyche des Patienten. Ängstlichkeit wird auch erblich vermittelt und einige Menschen haben allgemein sehr hohe Ängste. Psychische Erkrankungen wie z. B. eine Depression oder andere Störungen können zum Teil zu übertriebenen Formen von Angst führen, was die Wahrscheinlichkeit für eine Zahnarztangst erhöht. Stress begünstigt ebenfalls das Auftreten dieser Angststörung. Ebenfalls ist bei vielen Betroffenen das Schmerzempfinden verstärkt, so dass sie mehr als andere Menschen befürchten, dass es weh tut. Weiterhin wurde ein Zusammenhang zwischen Zahnarztangst und Essstörungen sowie durchlebten Sexualverbrechen oder häuslicher Gewalt festgestellt. Manche Frauen, die Opfer von Sexualverbrechen waren, fühlen sich auf dem Behandlungsstuhl hilflos ausgeliefert und an ihre frühere Situation erinnert. Hoher Alkoholkonsum (beziehungsweise Alkoholkrankheit) und Drogengebrauch führen ebenfalls dazu, dass sich eher eine Zahnarztangst ausbildet. Vermutet wird außerdem ein Zusammenhang mit dem Rauchen.
Eine Rolle bei der Zahnarztangst kann auch das Alter spielen. Im Allgemeinen haben jüngere Menschen mehr Angst vor dem Zahnarzt als ältere. Außerdem ist die Angst vor dem ersten Besuch beim Zahnarzt oft am größten, wohingegen sie sich bei weiteren Besuchen oft bessert. Muss der Patient überdies noch lange warten, dann wird er bei einer vorhandenen Angst im Laufe der Zeit immer nervöser.
Die Medien tragen zur Zahnarztangst bei. Meist berichten sie nur von Fehlern und gescheiterten Behandlungen und wesentlich seltener von neuen Errungenschaften der Zahnmedizin oder schmerzfreien Methoden. Angstpatienten fühlen sich in ihrer negativen Einstellung bestätigt und meiden den Zahnarzt noch mehr.
Die Zahnarztangst ist also in den allermeisten Fällen aus verschiedenen einzelnen Komponenten zusammengesetzt. Sie ist oft komplexer als gedacht.
aktualisiert am 21.07.2014